Wie im Winter, so im Sommer: Die stärkste Nation der vergangenen Saison dominiert auch beim Grand-Prix in Wisla und Hinterzarten, doch auch ein DSV-Skispringer überrascht in seiner Wahl-Heimat. skispringen.com analysiert: unsere Tops & Flops.
Das Siegerpodest fest in polnischer Hand – für Skisprungfans wird dies allmählich zur Gewohnheit. Bereits im vergangenen Winter war die Mannschaft der Polen um Trainer Stefan Horngacher die alles überragende Nation, sicherte sich mit großen Vorsprung den Nationencup vor der Konkurrenz aus Österreich und Deutschland. Und es scheint, als habe die extrem ausgeglichen besetzte Truppe des österreichischen Chefcoachs ihre Form problemlos in die Sommermonate transportieren können.
Bei den ersten beiden Stationen des diesjährigen Sommer-Grand-Prix präsentieren sich die Polen schon jetzt in beeindruckender Verfassung – und lassen keinen Zweifel daran, dass wohl auch im kommenden Olympia-Winter wieder mit ihnen zu rechnen ist.
Kubacki schlägt gleich zwei Mal zu
Schon beim zum Auftakt der Sommersaison angesetzten Teamspringen im heimischen Wisla vor gut zwei Wochen unterstrich das Team seine derzeitige Vormachtstellung unter den weltbesten Skisprungnationen. Trotz stark dagegenhaltender Norweger sicherte sich die Mannschaft in derselben Besetzung wie bei der WM-Entscheidung von Lahti, an deren Ende erstmals die Goldmedaille für die Polen zu Buche stand, den Sieg.
Und auch in den darauffolgenden Einzel-Wettbewerben wusste die Truppe um die Team-Weltmeister Piotr Zyla, Kamil Stoch, Maciej Kot und Dawid Kubacki auf ganzer Linie zu überzeugen. Insbesondere Kubacki präsentierte sich beeindruckend stark, sprang sowohl in Wisla als auch am vergangenen Wochenende in Hinterzarten zum Sieg und führt das Gesamtklassement nach zwei Einzel-Wettbewerben mit der Maximalausbeute von 200 Punkten an.
» Gesamtwertung: Sommer-Grand-Prix 2017 (Herren)
Als Zweiter schaffte es Maciej Kot in Wisla ebenso aufs Podest wie Piotr Zyla als Dritter in Hinterzarten. Bemerkenswert war vor allem das Abschneiden der Polen im Schwarzwald: Gleich sechs Athleten aus dem Team von Stefan Horngacher platzierten sich in den Top Ten. Wohl dem, der über eine Mannschaft mit solch hohem Leistungspotenzial verfügt.
Als gelungen darf der Start in die Sommer-Saison auch im DSV-Lager bezeichnet werden. An die Leistungsdichte der Polen reicht die momentane Verfassung der Mannschaft von Bundestrainer Werner Schuster derzeit zwar noch nicht ganz heran, doch ein dritter Platz im Team-Wettbewerb sowie zwei Podestplatzierungen durch Karl Geiger in Wisla und Stephan Leyhe in Hinterzarten zeigen, dass sich die DSV-Adler trotz des Rückschlags durch die erneute Verletzung von Severin Freund auf dem richtigen Weg befinden. Der Anfang jedenfalls ist gemacht, und insbesondere die Leistungen von Geiger, der seinem dritten Platz in Polen Rang zwölf in Hinterzarten folgen ließ, und Leyhe, der bereits in Wisla als Neunter zu überzeugen wusste, lassen auf eine gerade in der Breite stark aufgestellte Mannschaft schließen.
Leyhe und die Hoffnung auf Mehr
Waren es im Winter noch vor allem Andreas Wellinger und Markus Eisenbichler, die nach dem verletzungsbedingen Ausscheiden von Freund regelmäßig für die Glanzpunkte auf deutscher Seite sorgten, scheinen nun auch Karl Geiger und Stephan Leyhe auf ihrem Weg in die Weltspitze den nächsten Schritt zu machen.
» Werner Schuster sieht DSV-Team „breit aufgestellt“
In Hinterzarten glänzte vor allem der 25-jährige Leyhe. Nachdem er in der Qualifikation bereits die gesamte Konkurrenz hinter sich gelassen hatte, verhinderte im Wettkampf einzig der derzeit in einer eigenen Liga springende Kubacki einen Triumph des Deutschen auf seiner Trainingsschanze. Dennoch sieht sich der Willinger auf einem guten Weg und formuliert nach dem ersten Podestplatz seiner Karriere große Ziele: „Der zweite Platz ist für mich ein extrem gutes Ergebnis. Mein Ziel ist es, unter die Besten der Welt zu kommen. Die Tür steht nun offen und ich muss diesen Schritt machen.“
Zu den besten der Welt möchte sich auch Andreas Wank zukünftig wieder zählen können. Im Schwarzwald unterstrich der Team-Olympiasieger von 2014 als guter Achter, dass auch er sich nach einer längeren Schwächephase wieder auf einem aufsteigenden Ast befindet. Werner Schuster jedenfalls zeigte sich zufrieden mit seinem Schützling, wenngleich er auch noch Reserven sieht: „Er hatte heute einen soliden Wettkampf. Er kann es noch nicht so abrufen wie er es braucht, aber es war wichtig in die Top Ten zurückzukehren und er wird weitere Chancen erhalten.“ Markus Eisenbichler, Bronzemedaillen-Gewinner bei der WM in Lahti, hat nach einem 15. Platz in Hinterzarten noch Luft nach oben. Ebenso wie Andreas Wellinger, der in Wisla nicht über den 19. Platz hinaus kam und danach aufgrund von Knieproblemen eine Wettkampfpause eingelegt hat.
ÖSV-Adler mit Steigerungspotenzial
Im österreichischen Lager gab es auf den ersten zwei Stationen des Sommer-Grand-Prix noch keine Top-Resultate zu bejubeln. Im Team-Wettbewerb reichte es in der Besetzung Daniel Huber, Gregor Schlierenzauer, Florian Altenburger und Andreas Kofler lediglich zu Platz fünf, auch in den Einzelspringen landeten die ÖSV-Adler allesamt jenseits der Top Ten.
» Gregor Schlierenzauer: „Es gibt noch einiges zu tun“
Nicht allzu weit von der Spitze entfernt scheint nach den Plätzen zwölf und elf zumindest Gregor Schlierenzauer, welcher in der vergangenen Saison mehrmals von Verletzungen zurückgeworfen wurde und sich wie Stefan Kraft noch auf der Suche nach seiner Top-Form befindet. Der Dominator und Gesamtweltcup-Sieger des vergangenen Winters stieg erst in Hinterzarten ins Wettkampfgeschehen ein, doch auch auf Kraft wartet nach Platz 14 noch einiges an Arbeit. Sein Teamkollege Michael Hayböck verzichtete gar gänzlich auf die Wettbewerbe in Polen und im Schwarzwald, er wird sein Wettkampf-Debüt voraussichtlich in knapp zwei Wochen im französischen Courchevel feiern.
Norweger vielversprechend, Slowenen durchwachsen
Ein vielversprechender Start in den Sommer hingegen gelang den im vergangenen Winter oftmals schwächelnden Norwegern. Besonders in Wisla zeigten die Schützlinge von Trainer Alexander Stöckl eine geschlossene Mannschaftsleistung und schafften es gar, den starken Polen den Sieg im Teamwettbewerb lange Zeit streitig zu machen. Der zweite Platz bestätigte die gute Frühform der Skandinavier, welche sich auch im anschließenden Einzelwettbewerb widerspiegelte. Mit Daniel-André Tande (4.), dem wiedergenesenen Kenneth Gangnes (8.) sowie Robert Johansson (10.) schafften es gleich drei Norweger unter die besten zehn. In Hinterzarten bekam dann auch die zweite Garde die Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen, was insbesondere der erst 21-jährige Halvor Egner Granerud als Fünfter eindrucksvoll zu nutzen wusste.
» Alle Termine im Überblick: Kalender des Sommer-Grand-Prix 2017 (Herren)
Noch auf Formsuche befinden sich die ehemals starken Slowenen. Als Vierter hinter Deutschland verfehlte das Team von Coach Goran Janus im Teamwettbewerb von Wisla das Treppchen zwar nur knapp, doch die Einzel-Ergebnisse zeigen, dass Peter Prevc und Co. noch viel Arbeit bis zum Winter bleibt. Gerade der Vierschanzentournee- und Gesamtweltcup-Sieger der Saison 2015/16 kommt weiterhin nicht richtig in Tritt. Nach einem 16. Platz in Wisla erreichte er den zweiten Durchgang in Hinterzarten als 30. nur um Haaresbreite, am Ende stand ein enttäuschender 26. Rang. Bester Slowene im Schwarzwald wurde Rok Justin als 13. – Platzierungen, mit denen sich in der Mannschaft auf Dauer sicherlich niemand zufriedengeben will.
Für eine positive Erscheinung sorgten zumindest in Wisla die Finnen. Auf ihrem langen und mühsamen Weg zurück in die Weltspitze, in der sie vor nicht allzu langer Zeit noch mit mehreren namhaften Athleten mitmischten, bedeutete der Sechste Platz im Teamspringen noch vor den Tschechen und den Schweizern zumindest einen Achtungserfolg. Auch Ville Larinto ließ als 14. im Einzel aufhorchen. Dies gelang auch Roman Koudelka. Der 28-Jährige, der in seiner Karriere immerhin schon fünf Weltcupsiege feiern durfte, wurde sowohl in Polen als auch in Hinterzarten guter Sechster und stellte einmal mehr unter Beweis, dass im Team der Tschechen nach wie vor kein Weg an ihm vorbei führt.
Schreiben Sie jetzt einen Kommentar