Die Olympia-Generalprobe der Skispringer in Pyeongchang hat einiges zu bieten: Kot feiert seinen zweiten Sieg innerhalb weniger Tage, Kraft präsentiert sich erneut stark und Wellinger startet eine furiose Aufholjagd. Die Gewinner und Verlierer aus Südkorea.
Am Ende waren es auch in Pyeongchang wieder die üblichen Verdächtigen, welche die Top-Platzierungen unter sich ausmachten. Stefan Kraft und Andreas Wellinger standen bei den Einzelspringen in Südkorea an beiden Tagen auf dem Podest, je einmal gelang den Polen Kamil Stoch und Maciej Kot der Sprung aufs Podium. Nachhaltig aufdrängen konnte sich bei der Weltcup-Premiere im Alpensia Jumping Park außer diesen vier Athleten niemand – weshalb Kraft, Wellinger, Stoch und Kot wohl auch zu den heißesten Medaillenkandidaten bei den anstehenden Weltmeisterschaften im finnischen Lahti zählen dürften.
Kraft besticht durch Konstanz
Vor allem der Österreicher Stefan Kraft präsentierte sich an allen drei Tagen in Top-Form. Am Mittwoch sicherte er sich mit großem Vorsprung seinen achten Weltcupsieg und ließ am Donnerstag einen starken zweiten Platz auf der Normalschanze folgen. In den letzten sieben Einzelspringen stand der 23-Jährige immer auf dem Podest – eine beeindruckende Konstanz, wie sie derzeit kaum ein anderer an den Tag legt. Durch seine Resultate in Pyeongchang rückt Kraft in der Gesamtweltcupwertung zudem immer näher an den derzeit noch Führenden Kamil Stoch. Nur 60 Punkte trennen die beiden aktuell noch.
Ähnlich konstant ist derzeit nur noch Andreas Wellinger unterwegs. Achtmal stand er in den letzten zehn Einzelwettbewerben auf dem Podium, auch in Südkorea gelang ihm zwei Mal der Sprung unter die besten drei. Dabei schien die Erfolgsserie beim zweiten Wettkampf am Donnerstag ein vorläufiges Ende zu nehmen, als Wellinger nach dem ersten Durchgang aufgrund schlechter Windbedingungen nur auf dem 16. Platz lag. Ein furioser zweiter Satz auf 112 Meter im zweiten Durchgang bescherten ihm dann doch noch den Sprung auf Platz drei. „Der erste Sprung war für Aufwind ausgelegt. Dass es mit dem zweiten Sprung noch so ausgeht, hätte ich selber nie geglaubt“, war der 21-Jährige selbst von seinem Abschneiden überrascht und fährt nach seinem zweiten Platz am Mittwoch nun mit einem guten Gefühl zur WM.
Polen in der Spitze stark
Als Gewinner von Pyeongchang trat auch der Pole Maciej Kot die Heimreise an. Am Mittwoch noch Siebter, gelang Kot am Folgetag sein zweiter Sieg innerhalb von sechs Tagen und damit sein überhaupt erst zweiter Weltcupsieg der Karriere. Neben Kamil Stoch verfügt Trainer Stefan Horngacher damit über einen weiteren Siegspringer, was die Medaillenchancen bei den anstehenden Weltmeisterschaften freilich nochmals erhöht.
Stoch selbst schaffte es beim ersten Wettbewerb als Dritter zum bereits elften Mal in dieser Saison auf das Podest, musste am Donnerstag jedoch federn lassen: Nach einem verkorksten ersten Sprung zur Halbzeit nur auf Rang 18, gelang ihm im zweiten Durchgang eine ähnliche Aufholjagd wie Wellinger, die ihn immerhin noch auf Rang sechs hievte. Der Rest des polnischen Teams konnte diesmal nur punktuell überzeugen. Dawid Kubacki erreichte auf der Normalschanze einen starken achten Rang, Piotr Zyla hingegen blieb mit den Plätzen 27 und 18 hinter den Erwartungen zurück.
DSV-Team: Wank verpasst die letzte Chance
Zusätzliche Spannung versprachen die Wettbewerbe in Korea auch aufgrund der für die Skispringer in acht Tagen beginnenden Weltmeisterschaften. Nach den Nominierungen von Andreas Wellinger, Markus Eisenbichler und Richard Freitag herrschte im deutschen Team ein Dreikampf um die letzten zwei verbliebenen Tickets. Andreas Wank hatte sich zuletzt in verbesserter Form präsentiert und durfte sich somit Hoffnungen machen, den Etablierten Stephan Leyhe und Karl Geiger doch noch einen Platz streitig zu machen. Doch in Pyeongchang zerplatzte der WM-Traum für Wank endgültig. Nach einem guten ersten Sprung fiel er am Mittwoch im Finaldurchgang noch von Platz Sieben auf Rang 25 zurück, und als er auf der Normalschanze als Neunter schließlich vollauf überzeugte, war die Entscheidung von Bundestrainer Werner Schuster bereits gefallen.
Dass er mit Karl Geiger und Stephan Leyhe, die sich über die gesamte Saison konstanter als Wank präsentierten, die richtige Wahl getroffen zu haben scheint, bestätigten beide auch in Pyeongchang. Leyhe gelang im ersten Wettkampf mit Schanzenrekord als starker Fünfter sein bis dahin bestes Weltcupergebnis, auch am Donnerstag wusste er als Zwölfter zu überzeugen. Geiger komplettierte als Neunter von der Großschanze ein starkes deutsches Mannschaftsresultat und hatte im zweiten Wettkampf dann großes Windpech, als er von Rang sechs auf Platz 25 zurückfiel.
Licht und Schatten bei Olympia-Generalprobe
Die Wettbewerbe in Pyeongchang stellten gleich eine zweifache Generalprobe dar. Zum einen dienten sie als letzte Formüberprüfung vor der WM in Lahti, zum anderen werden im Alpensia Jumping die Wettkämpfe der olympischen Winterspiele 2018 ausgetragen. Betreffend der 2009 fertiggestellten Anlage waren die Athleten voll des Lobes. So sprach Stefan Kraft vom „besten Windnetz der Welt“, sein Teamkollege Michael Hayböck freute sich über einen aus seiner Sicht bestens präparierten Aufsprunghang.
Doch ein Jahr vor Olympia bleibt den Veranstaltern auch noch Verbesserungspotenzial. Das Interesse der südkoreanischen Fans hielt sich an beiden Tagen stark in Grenzen, nur wenige Zuschauer verirrten sich an die Schanzenanlage in Pyeongchang. Am Donnerstag sorgten zudem sich lösende Eisbrocken in der Anlaufspur für Aufsehen. Der Pole Stefan Hula durfte aufgrund der dadurch entstandenen Behinderung seinen Sprung wiederholen, als sich erneut Eisbrocken in der Spur sammelten. Als Hula seinen Sprung schließlich absolvieren konnte, stürzte er bei der Landung und schied nach dem ersten Durchgang aus.
Wind sorgt für Probleme, Slowenien durchwachsen
Ohne das hochgelobte Windnetz wäre gerade am zweiten Tag an Skispringen wohl nicht zu denken gewesen, die Verlegung des Wettkampfes auf die Normalschanze erwies sich als richtige Entscheidung. Dennoch fielen einige Springer den Bedingungen zum Opfer.
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Allen Widerständen zum Trotz konnte Anze Lanisek auf sich aufmerksam machen. Der Slowene war einer der positiven Überraschungen in Pyeongchang, erzielte mit Platz vier auf der Großschanze sein bis dahin bestes Weltcupergebnis und präsentierte sich auch am Folgetag als 14. in guter Verfassung. Anders hingegen seine Teamkollegen. Einzig Peter Prevc wusste am Donnerstag als Vierter zu überzeugen, verspielte einen möglichen Sieg aber durch einen schwächeren zweiten Sprung. Domen Prevc kam auf die Plätze 17 und 24, der extrem wechselhafte Jurij Tepes verpasste an beiden Tagen den Finaldurchgang.
ÖSV: Hayböck fehlt die Top-Form
Mit gemischten Gefühlen dürfte der österreichische Trainer Hainz Kuttin in die letzten WM-Vorbereitungen angehen. Zwar verfügt er mit Stefan Kraft über den derzeit wohl besten Springer im Weltcup, doch die restlichen ÖSV-Adler konnten auch in Südkorea nicht restlos überzeugen. Vor allem Michael Hayböck, der in Top-Form auf einem Level mit Kraft springt, zählt nach den Plätzen acht und 13 nicht zu den aussichtsreichsten Kandidaten in Lahti. Positiv in Erscheinung hingegen trat Clemens Aigner, der zweimal 15. wurde.
Ähnlich wie Landsmann Kuttin dürfte es dem norwegischen Cheftrainer Alexander Stöckl ergehen. Dabei scheint seinem besten Mann Daniel-Andre Tande das Winner-Gen abhandengekommen zu sein. In Pyeongchang standen für den Gesamtdritten der diesjährigen Vierschanzentournee die Plätze sechs und fünf zu Buche. Das letzte Mal auf dem Podium stand Tande am 15. Januar in Wisla – seither war der junge Norweger nie schlechter als Siebter, doch auch nie besser als Vierter gewesen. In der derzeitigen Verfassung ist Tande, anders als noch während der Vierschanzentournee, kein Siegspringer.
Ich glaube, dass sowohl Wellinger als auch Kraft bei der WM in Lahti viel bessere Chancen haben als z.B. Kamil Stoch der die Vierschanzentournee gewonnen hat