Skispringerin setzt Statement

„Stehe zu meiner Meinung“: Selina Freitag über ihre Kritik an Duschgel statt Preisgeld

Foto: imago / Eibner

Dass Selina Freitag als Qualifikationssiegerin bei der Two-Nights-Tour in Garmisch-Partenkirchen statt Preisgeld Kosmetikartikel erhielt, schlug große Wellen. Die DSV-Springerin bleibt standhaft und erklärt ihr Ansinnen.

Auch wenn man Selina Freitag nicht (gut) kennt, spürt man mit etwas Menschenkenntnis, dass sie ihre Worte im ‚ARD‘-Interview am Silvestertag mit Bedacht wählt. Höflich und diplomatisch wie eh und je drückt sie aus, was sie in diesem Moment nach dem ersten Springen der Two-Nights-Tour denkt und fühlt – auch wenn sie eigentlich keine Lust hat, ein großes Fass aufzumachen. Sehr wohl weiß sie aber, dass das, was sie sagt, weil sie darauf angesprochen wird, Schlagzeilen machen wird.

„Die Herren kriegen für einen Quali-Sieg 3.000 Schweizer Franken und ich habe gestern für meinen Quali-Sieg ein Partnerbag mit Goodies bekommen. Da war dann Duschgel und vier Handtücher drin. Und das wirkt dann so wie ‚wir hatten leider keinen 500er mehr übrig‘. Ich möchte gar nicht groß drüber meckern, aber daran sieht man die Unterschiede“, schildert die 23-Jährige im Olympiastadion von Garmisch-Partenkirchen und seufzt innerlich dabei, weil sie sich bewusst ist, dass ihre Aussage große Wellen schlagen wird.

Selina Freitag erhält Zuspruch vom DSV

Von vielen Seiten hagelt es in der Folge Kritik, auf die auch der Weltcup-Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes (DSV), Horst Hüttel, angesprochen wird. „Handtuch und Duschgel ist ein bisschen unglücklich gewählt. Da ist wahrscheinlich gescheiter, man gibt gar nichts. Da werden wir uns mit den Organisatoren zusammen für nächstes Jahr etwas einfallen lassen“, bekundete er in der ‚ARD‘. Nach dieser Ansage gab es schon bei der zweiten Station der Two-Nights-Tour in Oberstdorf keine (wie auch immer geartete) Entlohnung für die Qualifikationssiegerin, in diesem Fall Freitags Teamkollegin Katharina Schmid.

Die Ironie an der losgetretenen Diskussion ist jedoch, dass sie für Freitag und ihre Mitstreiterinnen gar keine große aktuelle Priorität hat, wie sie am Neujahrstag gegenüber skispringen.com bekräftigte: „Es geht uns in erster Linie um die Wettkämpfe und wir sind dankbar, dass wir auf den Tournee-Schanzen springen dürfen. Von uns fordert auch niemand etwas Überzogenes.“ Dass es auch einige negative Kommentare gab, die ihr Letzteres unterstellten, habe sie nicht überrascht, beschäftige sie aber auch nicht: „Ich versuche es gedanklich wegzuschieben. Ich springe nicht wegen des Geldes.“

Freitag: „Weiß, dass ich für uns alle gesprochen habe“

So reflektiert wie auch selbstbewusst bekräftigte sie weiter: „Ich habe meine Meinung gesagt und zu der stehe ich auch. Und ich weiß auch, dass ich für uns alle Skispringerinnen gesprochen habe. Natürlich wäre es schön, wenn sich das Preisgeld perspektivisch die Waage mit den Männern hält.“ Bereits im Juli hatte die Österreicherin Eva Pinkelnig auf einer Premierenveranstaltung des Kinofilms ‚Sieben Sekunden‘, in dem sie neben Katharina Schmid die Hauptprotagonistin ist, klargestellt: „Wir wollen in erster Linie mehr Wettkämpfe, das ist der erste Schritt. Mehr Preisgeld kommt dann schon automatisch mit mehr Medienpräsenz, -interesse und mehr Sponsoren.“

Somit bleibt unterm Strich eine nett gemeinte Geste seitens des Partenkircheners Veranstalters, die in einem PR-Desaster geendet ist und eine Diskussion entfacht hat, an der zum aktuellen Zeitpunkt niemand Bedarf gesehen hat. Umso rechter kam Selina Freitag dieser freie Donnerstag: „Das Programm war knackig und es wird uns allen gut tun, durchzuschnaufen.“ Auf Springen auf den beiden anderen Tournee-Schanzen in Innsbruck und Bischofshofen müssen sie und ihre Mitstreiterinnen sich noch mindestens ein weiteres Jahr geduldigen, nach Österreich reisen sie am Freitag aber dennoch, nämlich zum Weltcup nach Villach.

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Über Luis Holuch 552 Artikel
Seit 2010 als Journalist tätig und hat 2017 sein erstes Buch veröffentlicht. Wie es die Leidenschaft wollte, ging es darin um das Damen-Skispringen. Genau dafür ist er bei skispringen.com auch primär zuständig. Kommentierte den offiziellen Live-Stream der Junioren-WM 2020, sowie die FIS-Classics-Serie und die Continentalcup-Finals der Nordischen Kombination.

10 Kommentare

  1. Ich finde es schon recht merkwürdig, dass den Damen, derzeit bedauerlicherweise immer noch nicht die Achtung und auch unterstützend finanziellen Mittel als Belohnung für ihre ganz erheblichen Mühen zu Gute kommt, die die, sicherlich nicht nur nach meiner bescheidenen Meinung verdient haben. Fairness sieht wohl anders aus, obwohl ich ehrlich zugeben muss, dass ich auch nichts über letztendliche monatliche finale Netto-Verdiensthöhen der entsprechenden Damen, seitens derer unterschiedlichen Arbeitgeber (Polizei, Zoll, Bundeswehr, usw.) weiß. Ich würde mir aber darüber hinaus noch mehr Termine (neue Sortierung, vielleicht auch mengenmäßig mehr), wo Männer und am gleichen Ort trainieren (Quali, 1. und 2. Runde)

  2. Werter Herr Geng,was Sie hier vom Stapel lassen,spottet jeder Beschreibung.
    Die Mädels betreiben ihren Sport genauso wie die Jungs. Es ist schon Schimpf und Schande, daß die Anzahl der Fernsehübertragungen bei Weitem nicht die der Herren entspricht.
    Auch ist es mir ein absolutes Rätsel, warum in den Arenen so wenig Zuschauer sind.
    Ich würde mir wünschen, wenn auch die Herren Skispringer, in der Öffentlichkeit für die Mädels eine Lanze brechen würden.
    Mädels : weiter kämpfen !!! Ihr habt genausoviel Geld zu bekommen wie die Jungs !!!

  3. Die berechtigte Kritik als Jammern abzutun ist genau so unverschämt wie die finanzielle Benachteiligung der Frauen beim Skispringen!

  4. Das ist doch wohl ein Witz!!!! Warum muß man sich erst was,fürs nächste Jahr einfallen lassen. Die Damen sollen das gleiche Preisgeld wie die Herren bekommen. Dann sollte man die 3000 Franken teilen.

  5. Bis vor wenigen Jahren (ca. 6-8 Jahre) gab es für einen Quali-Sieg bei den Herren NICHTS, nicht mal ein „Partnerbag mit Godies“ wie ihn zumindest jetzt Frau Freitag erhielt.
    Vielleicht hat ihr Bruder Richard in dieser Zeit sogar mal eine Quali gewonnen und NICHTS dafür erhalten, doch jammern und fordern hat man ihn nie gehört.
    Zudem sollte Frau Freitag mal nachdenken wer dieses Preisgeld finanzieren muss, vor allem wo die Publikumsresonanz bei den Springen der Damen doch recht übersichtlich ist und somit auch ein etwaiges Preisgeld.
    Zudem scheinen die deutschen Sportler über ihre mehrheitlich staatlichen Arbeitgeber (Bundeswehr, Polizei, Zoll, etc.) und den DSV eine sehr gute Grundversorgung zu haben.
    Sobald die sportliche Leistung von Frau Freitag regelmäßige Wettbewerbssiege bringen sollte, wird sich die Preisgeldfrage auch für sie erübrigt haben … also erstmal noch härter weiter trainieren, in der Hoffnung auf eine stark steigende Leistungskurve.

    • Das ist schon sehr herablassend. Die Damen bringen ihre Leistungen genau wie die Herren. Im übrigen haben auch die Herren überwiegend staatliche Arbeitgeber.
      Ich kann Frau Freitag nur beipflichten.

    • Das ist nicht nur herablassend,sondern eine Frechheit und Diskriminierung der Frauen!!
      An Frau Freitagsstelle hätte ich die Prämie garnicht angenommen und werter Herr Geng,auch die anderen Skispringer machen das nicht zu Ihrem persönlichen Vergnügen,da sind immer oder zum größten Teil Arbeitgeber im Hintergrund!!Für mich ist und bleibt es eine Diskriminierung der Frauen,übrigens nicht nur im Skispringen,was die Verkrusteten Strukturen in vielen Chefetagen des Sports zeigt:Alte Männerriege!!!

    • Sehr überheblicher und dummer Kommentar. Hätten zu Richard’s Zeiten die Damen Geld für den Qualisieg bekommen, die Herren aber ein – nochdazu wirklich sehr schwaches – Goodiebag, hätte er sich wahrscheinlich – genauso berechtigt – auch dazu geäußert. Umgekehrt hätte Selina mit Sicherheit keinen Ton gesagt, wenn auch die Herren ein Goodiebag bekommen würden.
      Der Vergleich zwischen Richard und Selina entbehrt daher jeglicher Logik.

      Was das Thema ungleiche Prämien selbst angeht, sehe ich es grad im Skispringen eher als Ungleichheit zwischen populären Sportarten und (noch) Randsportarten. Nur wo Geld ordentlich reinfließt, kann auch ausgeschüttet werden. In anderen Randsportarten haben es auch die Männer nicht lustig. Umgekehrt darf sicher auch kein Skispringer drüber nachdenken, was ein Fussballer verdient.

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