Die 52. Nordische Ski-WM in Seefeld und Innnsbruck ist beendet und der große Saisonhöhepunkt im Skispringen damit auch. skispringen.com analysiert die Tops und Flops des Großereignisses.
13 Tage lang kämpften die besten Nordischen Athletinnen und Athleten um Edelmetall im Herzen der Alpen. In einer Region, in der der Wintersport zuhause ist, fanden bei nahezu traumhaften Bedingungen Titelkämpfe statt, die so schnell nicht vergessen werden. skispringen.com fasst das Wesentliche noch einmal zusammen – jedoch nicht in einem reinen Best-of, sondern in den Tops und Flops.
Das Wesentliche gleich mal vorweg: Der große Gewinner dieser Nordischen Ski-WM in Seefeld ist der Sport. Daran ändert, vor allem in der Disziplin Skisprung, auch die Doping-Affäre nichts. Selbstredend hat die Razzia, ebenso wie die Enthüllungen danach, ihren Schatten auf das Tiroler Wintermärchen geworfen. Sie hat es dennoch nicht geschafft, Sportlern und Fans, die Freude am Großereignis zu nehmen. Und die Leistungen der Hauptakteure schienen dadurch nur noch besser zu werden. Selten dämliche Handlungen nicht mündiger Athleten wurden vom großen Sport mit aller Macht aus dem Rampenlicht verdrängt.
Das Skispringen ist eine Sportart, die weitestgehend von illegaler Leistungssteigerung verschont bleibt. Vielmehr geht es um das Zusammenspiel von Mensch, Material und äußerlichen Bedingungen. Und das will beim Saisonhöhepunkt beherrscht werden. Die WM-Entscheidungen boten genau das, wofür Weltmeisterschaften eben stehen: Bestleistungen, Spannung, Drama, Emotionen und Diskussionen.
Der Reigen der Bestleistungen beginnt in Innsbruck
Bestleistungen gab es zu Hauf, das fing schon mit dem Podium beim ersten Wettbewerb in Innsbruck an. Reichlich ungewöhnlich war es, dass die erste WM-Woche mit den Entscheidungen von der Großschanze bestückt war, am Ende jedoch nur eine Randnotiz. Im Gegensatz zu den Resultaten zweier Medaillengewinner: Markus Eisenbichler und Kilian Peier. Der Deutsche wurde Weltmeister, ohne je ein Weltcupspringen gewonnen zu haben. Der Schweizer, Führender nach dem ersten Durchgang, holte Bronze, ohne je im Weltcup auf dem Podium gestanden zu haben. Für Peier, wie auch Vize-Weltmeister Karl Geiger, war es die erste Einzelmedaille bei einer Weltmeisterschaft.
Eine Schwester im Geiste war die Goldmedaille der deutschen Skispringer im Teamspringen nur einen Tag später. Es war die Erste im Teamspringen unter der Regentschaft von Bundestrainer Werner Schuster und zugleich die Letzte. Mit Ausnahme der Vierschanzentournee hat der Österreicher als Bundestrainer alles gewonnen, was er gewinnen konnte. Ein Rekord war zudem der Abstand auf die zweitplatzierten Österreicher: 56,6 (!) Punkte und damit mehr als 31 Meter. Noch nie wurde ein Quartett mit einem solch großen Abstand Weltmeister.
Zudem gelang im Großschanzen-Einzel gleich fünf Springern das beste WM-Ergebnis ihrer Karriere. Ryoyu Kobayashi wurde Vierter und verpasste nur ganz knapp die Krönung seiner herausragenden Saison. Timi Zajc überzeugte auch beim Saisonhöhepunkt und erreichte Platz zehn, vor Daniel Huber. Mit Viktor Polasek und Andreas Schuler gelang mit den Plätzen 25 und 26 zwei weiteren Youngsters ein toller Erfolg.
Spannung bei der Weltpremiere
In der zweiten Woche wurde dann endlich im eigentlichen Gastgeberort gesprungen. Den Auftakt machten zunächst die Damen mit ihrer Weltpremiere des Teamspringens. Alles rechnete im Vorfeld mit einem klaren Sieg der deutschen Mannschaft, standen doch zwei Siege in den Weltcup-Teamspringen, sowie drei Einzelsiege zu Buche. Zudem waren alle vier DSV-Athletinnen im Gesamtweltcup unter den besten Zwölf zu finden. Doch es wurde phasenweise knapper als gedacht. Schuld waren nicht etwa die Leistungen der deutschen Springerinnen, sondern die nicht nachlassende Konkurrenz. Und wer vorher noch daran gezweifelt hatte, hat nun keine Argumente mehr dafür zu sagen, dass es die falsche Entscheidung war, das Teamspringen für die Damen ins WM-Programm mit aufzunehmen.
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Vor allem die Österreicherinnen, die in diesem Wettkampf genauso sehr um Edelmetall kämpften, wie sie zuvor für diesen Wettkampf gekämpft hatten, gönnten den Deutschen keine Ruhepausen. Schlussendlich siegte jedoch die deutsche Konstanz vor der Willensleistung der Österreicherinnen. Das Podest dieses historischen Wettstreits komplettierte überraschenderweise das Team aus Norwegen, das seine Nerven besser im Griff hatte als die Sloweninnen und zahnlose Japanerinnen.
Drama im Kampf der Gigantinnen
Schon bei der Generalprobe in Oberstdorf deutete sich an, dass es ein enges Rennen um den Titel an. Dort wehrte Maren Lundby an gleich beiden Wettkampftagen die Angriffe von Katharina Althaus und Juliane Seyfarth ab und gewann. Auch in Seefeld lief es auf das Duell Lundby versus Althaus hinaus.
Wie schon in PyeongChang vor einem Jahr behielt am Ende die Norwegerin die Oberhand. Sie revanchierte sich für den vierten Platz vor zwei Jahren in Lahti und erreichte das Ziel, dem sie alles untergeordnet hatte. Die beste Skispringerin der Saison wurde Weltmeisterin im bisher knappsten Duell um Gold, mit 0,5 Punkten Vorsprung. Unter sicher diskutablen Umständen, wie wir zum Abschluss der Analyse noch einmal besprechen werden. Und, dass jemand einen Wettkampf gewinnt, obwohl er oder sie kürzer als die Konkurrenz springt, gehört seit fast zehn Jahren nun einmal zu dieser Sportart dazu.
Doch das passte irgendwie ins Bild: Die Noten der Kampfrichter, insbesondere bei den Damen-Wettbewerben waren unterdurchschnittlich. Selbst bei Sprüngen deutlich jenseits des K-Punkts gab es selten mal eine 18,0. Man schaue sich beispielsweise die Sprünge von Juliane Seyfarth an: Da bewegt sich nichts im Flug und auch die Landung ist schön gesetzt. Da fragt man sich doch, warum gibt es selbst dafür so niedrige Noten?
Fernab davon bleibt jedoch festzuhalten: Dieser Wettbewerb, wie auch der tags zuvor, war nichts anderes als Werbung für das Damen-Skispringen. Beim Saisonhöhepunkt überboten sich die Springerinnen mit Leistung. Viel mehr noch: Die Wettkämpfe übertrafen alle Erwartungen und bestätigten den Entwicklungstrend der laufenden Saison. Dass mit Daniela Iraschko-Stolz die Grande Dame des Skispringens bei ihrer Heim-WM nach dreiwöchiger Krankheitspause im Alter von 35 Jahren als Älteste im Feld mit Bronze noch einmal Edelmetall holt, ist ein weiteres Kapitel Sportgeschichte.
Emotionen in der Nachbetrachtung
Sport und Großereignisse leben von der Emotion. Die Aufgabe der Medien ist es dann, diese in allererster Linie zu transportieren. Die Einordnung dessen und das Zulassen eigener Emotionen folgen dann erst im zweiten Schritt. Genau aus diesem Grund haben wir von skispringen.com uns bewusst dafür entschieden, die diskutablen Themen erst jetzt zu behandeln.
Schließlich haben auch die Sportler und Offiziellen im unmittelbaren Nachgang der Ereignisse alles dafür getan, keine hitzigen Debatten entstehen zu lassen. Lebhafte Diskussionen sind stets wertvoll, doch sie sollten genauso stets in einem angemessenen Rahmen geführt werden. Der Sport sollte stets im Mittelpunkt stehen und nicht die Meinung oder der Namen des Einzelnen.
Die Jobs, die die FIS-Verantwortlichen ausüben (dürfen), sind für viele ein Traum: Man ist so nah wie sonst niemand am Geschehen, bereist weite Teile der Welt und hat wirklich etwas zu sagen. Doch, wie bei uns Journalisten auch, gilt: Sie können es selten bis nie allen Beteiligten recht machen. Das soll weder eine Entschuldigung, noch eine Erklärung für die Vorkommnisse insbesondere in der zweiten WM-Woche sein, sondern ist einfach eine Feststellung.
Den Höhepunkt in der hitzigen Debatte um die Haltungsnoten gab es im Zehntelkrimi beim Finale der Damen als Katharina Althaus für ihren ersten Sprung einmal die 16,5 und einmal gar die 16,0 bekam. Nach diesem Sprung lag sie 1,6 Punkte hinter der späteren Siegerin Maren Lundby -, die nach Meinung vieler zu gut benotet wurde – am Ende waren es dann eben diese 0,5. Letzteres ist in Zeiten der Wind-Kompensation ein seltener bis dummer Zufall.
Doch selbst der betroffene Bundestrainer Andreas Bauer bekannte schon im Interview nach dem Springen: „Katha hat es etwas hinten reingedrückt, die Abzüge bei den Noten waren berechtigt.“ Bauer ist Ex-Skispringer und seit Jahren Trainer – ein absoluter Fachmann. Und auch dafür bekannt, sich klar zu artikulieren, wenn ihm etwas nicht passt. Dass er es in dieser Situation nicht getan hat, ist ein klarer Beweis dafür, dass er weder Ungerechtigkeit noch Betrug wittert – anders als andere Beobachter. Für ihn war die Sache zeitnah erledigt.
Diskussionen um die Jury
Anders sah es am Freitagabend beim Herren-Einzel von der Normalschanze aus. Schon im ersten Durchgang war die Anlauflänge am unteren Limit und so rückten die Medaillen für einige hochgehandelte Athleten nach kürzen Sprüngen im ersten Durchgang außer Reichweite. Dachte man. Es folgte ein aberwitziger zweiter Durchgang, in dem Dawid Kubacki und Kamil Stoch Platz für Platz gutmachten, nachdem die zur Halbzeit gut platzierten Springer reihenweise abschmierten. Kubacki sprang von Rang 27 noch zum Weltmeistertitel und fertig war „ein skandalöser Wettbewerb, wie ich ihn noch nie gesehen habe“, wie es Daniel-André Tande nach dem Springen twitterte.
Die Anlaufspur war stets top präpariert und wurde von den Athleten in den höchsten Tönen gelobt. Und der (nasse) Schneefall war ein Naturphänomen und ist nicht den Schanzenarbeitern vorzuwerfen. Doch die Wettkampfleitung hätte eingreifen müssen – nicht nur nach Meinung aller Beobachter, sondern auch zur Einhaltung der selbst gesetzten Regeln. Anlaufverlängerung, Pausen zur Reinigung der Spur oder einfach zur Beobachtung der Verhältnisse oder gar eine Verlegung des Wettkampfs auf Sonntag: Optionen gab es genug.
Zumal man im Vorfeld um die problematischen Wetterverhältnisse wusste. Doch die Einhaltung des Zeitplans und die damit verbundenen gesicherten Live-Übertragungen (die man sicher auch für Sonntag hätte organisieren können) und TV-Einnahmen waren anscheinend wichtiger als der faire Wettkampf.
Zum Glück, für den Skisprungsport, war dies der einzig große Wehrmutstropfen dieser ansonsten großartigen 13 Wettkampftage, die mit dem Mixed-Team und der Titelverteidigung des DSV-Teams (der Einzigen bei dieser WM) einen mehr als würdigen Abschluss fanden, der nur eine Frage offenließ: Wieso finden diese Wettkämpfe nicht häufiger statt?
Was die Weltmeisterschaften angeht, bleibt nur übrig zu sagen: Auf ein Neues, in zwei Jahren in Oberstdorf!
Ich breche dir alle Knochen
Viel Spaß dabei, ich sterbe fast vor Angst!
Es waren wirklich schöne und spannende Wettbewerbe der Skispringer, bis auf das irreguläre Springen von der Normalschanze der Männer.
Aber unterm Strich war das Deutsche Team mit 3x Gold und 2x Silber völlig verdient am erfolgreichsten. Starke Leistung!
Hätten zwei Sprungrichter im Damen-Einzel die Sprünge von Katharina Althaus fair bewertet, wäre es sogar 4x Gold gewesen.
Alle außer P o l e n ist K a c k e
„Der Deutsche wurde Weltmeister, ohne je ein Weltcupspringen gewonnen zu haben. Der Schweizer, Führender nach dem ersten Durchgang, holte Bronze, ohne je im Weltcup auf dem Podium gestanden zu haben. Für Peier, …“
Also Zufall.
Nein, Können und etwas Glück.
Nein, etwas Können und ganz viel Glück.
Wenigstens kein Betrug wie bei den Medaillen für Kubacki und Stoch von der Normalschanze. Man läßt einfach die Führenden 3km/h langsamer anfahren, dann klappt’s auch für die Polen mit Medaillen!
Das war kein Betrug sondern Können. Die Polen gewinnen regelmäßig auf allen Schanzen, deshalb ist der Weltmeistertitel gerechtfertigt. Eisenbichler dagegen springt oft zwischen Platz 10-30 und ab und an ist er in den Top 5 dabei, das rechtfertigt keinen Weltmeistertitel. Also war der Titel eher Zufall und Glück, da die Konstanz fehlt.
Wo war das Können auf der Großschanze? Wo war das Können im Team? Wo war das Können im Mixed-Team? Der Japaner hätte klar und verdient auf der Normalschanze gewonnen, wäre er nicht betrogen worden, das ist Fakt! Eisenbichler, Geiger und Peier waren auf der Großschanze klar die Besten und das bei fairen Bedingungen. Wenn die Polen auch einmal die Leistungen anderer Sportlerinnen und Sportler anerkennen könnten, dann wäre das ein wirklicher Fortschritt.