Nur fünf Monate vor den Olympischen Spielen in Peking steht der chinesische Skiverband ohne Skisprungtrainer dar. Nach internen Differenzen wurde Mika Kojonkoski mit sofortiger Wirkung entlassen.
Mika Kojonkoski ist nicht mehr länger Cheftrainer des chinesischen Skisprungteams. Dies teilte das Trainer-Urgestein dem finnischen Sender ‚Yle‘ am Dienstag mit, der auf seiner Internetseite als erstes von seiner Entlassung berichtete. Die Gründe liegen demnach in zahlreichen Meinungsverschiedenheit zwischen dem Finnen und dessen Vorgesetzten und zunehmendem internen Druck. Nur fünf Monate vor den Olympischen Spielen im eigenen Land steht der Verband nun also ohne Trainer und erweiterten Stab da.
„Der zuständige Direktor begründete meine Entlassung damit, dass die oberen Funktionäre unter großem Druck stehen“, berichtete Kojonkoski gegenüber ‚Yle‘. Er habe von seiner Entlassung erfahren als er nach dem Sommer-Grand-Prix-Finale in Klingenthal auf der Heimreise nach Slowenien war. Rein sportlich ist die Entlassung nur schwer nachvollziehbar, schließlich steht das chinesische Skisprungteam so gut wie noch nie da: 19 Athleten (elf Männer, acht Frauen) sprangen im FIS-Cup in die Punkte, acht von ihnen (ein Mann, sieben Frauen) im Continental-Cup und immerhin vier (ein Mann, drei Frauen) sogar im Sommer-Grand-Prix.
Schock auch für Springerinnen und Springer
Gerade deshalb sei die Nachricht für nun seine ehemaligen Schützlinge ein Schock gewesen: „Ich war nicht dabei, als der Assistenztrainer den Spitzenathleten von dieser Entscheidung berichtete. Einige von ihnen wollten sogar direkt aufhören“, berichtete er. Einen ersten Verdacht hatte er jedoch noch in Klingenthal geschöpft, als die Skispringerinnen weinend zum Wettkampf erschienen. „Skispringen ist eine sehr sensible und mentale Sportart. Ein falscher Gedanke oder falsches Gefühl und der Sprung funktioniert nicht mehr“, erklärte der erfahrene Trainer.
„Die Wertschätzung für Einzelne ist in China sehr gering. Das System steht im Vordergrund, Führungsstärke und -kräfte sind hier wichtiger. Ich denke anders über diese Dinge und arbeite auch entsprechend anders“, verdeutlichte der Finne die Differenzen, die schlussendlich nicht mehr überwindbar waren. Er sei stets offen mit seinem anderen Ansatz umgegangen, mit dem er bei den Funktionären nicht auf Gegenliebe gestoßen war. Jeder seiner zahlreichen, wechselnden, Vorgesetzten seit seinem Amtsantritt im Frühling 2018 kritisierte demnach, dass sein Führungsstil nicht fordernd und autoritär genug sei.
So denkt Kojonkoski über seine Entlassung
„Im Training und Probesprüngen waren die Ergebnisse meiner Athleten immer besser als in den eigentlichen Wettkämpfen. Mein Plan für den Sommer war aber ohnehin, dass sie bei den internationalen Starts lernen sollten. Stattdessen wurde sehr viel und sehr hart trainiert – zu hart für mein Empfinden“, so Kojonkoski. Gerade sein letzter Vorgesetzter Xu Gaohang habe vor seiner Berufung kaum Berührung mit dem Skisprungsport gehabt. Auch deshalb konnte er sich eine Spitze gegen den Verband nicht verkneifen: „Wahrscheinlich dachten sie, dass sie im Training gewinnen könnten.“
Obwohl er zuvor bereits um eine vorzeitige Auflösung seines bis 30. April 2022 gültigen Vertrages gebeten habe, zeigte sich auch der Star-Trainer überrascht. „Auf der einen Seite bin ich enttäuscht, auf der anderen Seite aber auch erleichtert, denn es waren immer Schwierigkeiten dabei. Je besser die Springer wurden, desto schlimmer wurde es“, resümierte Kojonkoski. Auch seine Landsleute Janne Ylijärvi und Janne Happonen, die Teil des Trainerstabs waren, werden in ihrer Funktion nicht mehr weiterarbeiten.
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