Stefan Hula (Polen)
Der mit nun 37 Jahren älteste Athlet auf dieser Liste ist zugleich auch der mit den meisten Auftritten im Weltcup: 221 Mal war Stefan Hula in der wichtigsten Skisprung-Serie zu sehen, das allererste Mal am 4. Januar 2006 in Innsbruck. Ein Einzel-Podium war ihm dabei aber nie vergönnt, sodass er auch in der Gesamtwertung nie besser als Rang 13 abschnitt. In 16 Saisons in die Punkte zu springen schaffen jedoch nicht allzu viele, somit gehört der Mann als Bielsko-Biela zumindest in dieser Kategorie zu einem erlesenen Kreis.
Die einmalige Chance auf den ganz großen Wurf hatte er 2018 in Pyeongchang: Im klirrend kalten Südkorea lag er im Olympia-Einzel von der Normalschanze zur Halbzeit vorne – und das mit 5,9 Punkten gar nicht mal so knapp vor einem gewissen Kamil Stoch. Doch der damals 31-Jährige hielt dem Druck nicht stand und verpasste als Fünfter sogar noch die Medaillenränge. Immerhin mit der Mannschaft sollte er wenig später noch Bronze gewinnen.
Nach dieser, seiner besten Saison seiner langen Laufbahn, wurden die Punkteplatzierungen immer seltener, seine Auftritte im Continentalcup dafür umso häufiger. Genau dort gab er im März, passenderweise in Zakopane und damit in seinem Heimatland, seinen Ausstand.
Hula blieb dem Skispringen treu und ist seit Sommer Co-Trainer der polnischen Frauen und fungiert dort als muttersprachliches Bindeglied zwischen den Springerinnen und dem österreichischen Cheftrainer Harald Rodlauer, der das Team nach mehr als einem verschlafenen Jahrzehnt in die Weltspitze führen soll.
David Siegel (Deutschland)
Wie bei Anders Fannemel sollte auch bei David Siegel eine schwere Verletzung ein Wendepunkt in seiner Karriere werden: Schon sechs Monate vor dem Norweger riss sich der Nord-Schwarzwälder (ebenfalls in Polen) das Kreuzband: Im Teamspringen von Zakopane segelte er auf 142,5 Meter und damit 8,5 Meter über Hillsize, stürzte und zog sich dabei schwere Verletzungen im rechten Knie zu, die das vorzeitige Saisonaus bedeuteten. Statt einer WM-Teilnahme in Seefeld hieß es für den absprungstarken Athleten Schuften in der Reha.
Auch die Saison 2019/2020 verpasste er und kehrte erst beim Sommer-Grand-Prix 2020 wieder zurück. Während er dort noch zwei Mal in die Punkteränge kam, blieb ihm genau das im Weltcup verwehrt, sodass er fortan in den Planungen von Bundestrainer Stefan Horngacher keine Rolle mehr spielte. Im Frühjahr dieses Jahres hatte der Deutsche Skiverband keinen Platz mehr in einer Lehrgangsgruppe für ihn vorgesehen, sodass er seine Laufbahn am 30. Mai für beendet erklärte.
Moritz Baer (Deutschland)
Nochmal deutlich ruhiger verlief der Ausstand von Moritz Baer zweieinhalb Wochen zuvor. Womöglich auch, weil die Spuren, die der gebürtige Münchener im Weltcup hinterließ auch nicht so groß waren wie jene von Siegel. Dennoch war er in dessen Abwesenheit zu Beginn der Saison 2019/2020 Teil der Weltcup-Mannschaft und durfte auch mit zur Vierschanzentournee. Diese musste er dann nach Innsbruck krankheitsbedingt abbrechen.
Den Sprung ins Weltcup-Team schaffte Baer danach nicht mehr. Bei der Tournee 2020/2021 durfte er nochmal als Teil der nationalen Gruppe zur Tournee, verlor aber beide K.o.-Duelle. Fortan war er fast nur noch im Continentalcup und dann sogar nur noch im FIS-Cup unterwegs. Auch er war zum Zeitpunkt seines Rücktritts gerade einmal 25 Jahre alt, hätte aber keinen Kaderplatz mehr vom DSV bekommen.
Joacim Oedegaard Bjoereng (Norwegen)
Ein omnipräsentes Phänomen seit Einführung der Quotenregel sind jene Skispringer, die im Continentalcup mit guten Leistungen auf sich aufmerksam machen und sich Startplätze für den Weltcup erkämpfen, dort aber nie auf Dauer etablieren können. Zu dieser Spezies gehörte auch Joacim Oedegaard Bjoereng. In den beiden letzten Wintern gehörte er im Continentalcup zu den stärksten Springern, gewann in der Saison 2021/2022 sogar die Gesamtwertung.
In eben jener Saison bekam er auch erstmals außerhalb Norwegens die Chance, sich im Weltcup zu beweisen. Seine ersten Punkte holte er beim Skifliegen in Oberstdorf und konnte dies auch eine Woche später in Planica wiederholen. Weil er sich aber gerade im Sommer schwertat, verpasste er stets den Sprung in die Weltcup-Mannschaft. Somit wurde er lediglich zu den schwächer besetzten Weltcups in Lake Placid (USA) und Rasnov (Rumänien) geschickt, die kurz vor der WM in Planica stattfanden, sowie mit der nationalen Gruppe zum Skifliegen nach Vikersund.
„Ich werde nie müde vom Skispringen werden, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich den letzten Schritt nach oben gehen kann“, schrieb der aufgeschlossene Norweger in seiner Rücktrittserklärung auf ‚Instagram‘.
Inzwischen arbeitet er als Sprungski-Wachstechniker für die norwegische Nationalmannschaft in der Nordischen Kombination und erlernt den Beruf des Klempners. Somit tritt er den umgekehrten Weg von Anders Jacobsen an, der seinerzeit den Beruf des Klempners erlernte und ausübte und dann als Skispringer in die Weltspitze durchstartete.
Sander Vossan Eriksen (Norwegen)
Das früheste und deshalb auch überraschendste Karriereende legte Sander Vossan Eriksen mit gerade einmal 22 Jahren hin. Drei Jahre zuvor hatte er bei der Junioren-WM in Oberwiesenthal mit Silber im Einzel und Mixed-Team für Furore gesorgt – und auch seine frühe Förderung in die norwegische Spitzensportförderung gerechtfertigt. Seinen Einstand im Weltcup gab er zu Beginn der nächsten Saison und fuhr mit Platz zwölf direkt im zweiten Springen sein bestes Ergebnis ein.
Zur Belohnung durfte er in der Woche darauf an der neu terminierten Skiflug-WM in Planica teilnehmen, wo er im Einzel 28. wurde und seinen Hausrekord von 218 Metern aufstellte. Der Sprung in die Top 30 gelang ihm auf höchster Ebene nur noch ein Mal wiederum eine Woche später in Engelberg. Nach drei verlorenen K.o.-Duellen bei der Tournee wurde er nicht mehr berücksichtigt und sprang fortan im Continentalcup, wo er sich trotz akzeptabler bis guter Ergebnisse keinen Weltcup-Startplatz mehr erkämpfen konnte.
Ende April zog er dann den Schlussstrich unter seine aktive Laufbahn. Ganz loslassen vom Skispringen wollte Eriksen aber dann doch nicht, inzwischen arbeitet er als Nachwuchstrainer von Kollenhopp, dem Leistungszentrum Oslos.
Patrick Gasienica (USA)
Die Geschichte, die hinter dem Fehlen von Patrick Gasienica steckt, kann man kaum anders als mit dem Wort tragisch beschreiben. Gerade einmal 24 Jahre war der US-Amerikaner alt, als er am 12. Juni auf dem Heimweg bei einem Motorradunfall ums Leben kam. Er war das jüngste Mitglied einer polnischer Einwandererfamilie, die sich dem Skispringen verschrieben hat.
„Mein Großvater war Skispringer, mein Vater war Skispringer, mein Onkel war Skispringer. Seit ich mich erinnern kann, habe ich die Flugkünste meines Vaters bewundert und wollte das Gleiche tun wie er“, berichtete er, als er 2019 ins Team für die WM in Seefeld berufen wurde. Dort konnte er sich nicht für die beiden Einzelspringen qualifizieren, mit der Mannschaft belegte er Rang elf. Drei Jahre später gab er in Peking sein Olympia-Debüt, wo er auf der Normalschanze 49. und mit dem Team Zehnter wurde. Zu gerne hätte er zukünftig noch größere Fußstapfen hinterlassen, doch er wurde jäh aus dem Leben gerissen.
Ein prominenter Kanadier und zwei Slowenen fehlen in der neuen Saison, nachdem sie ihren Rücktritt erklärt haben. Zurück zu Teil 1:
Schöner hintergründiger Artikel. Danke dafür!