Andreas Wank: „Noch nicht am Ende der Entwicklung“

Nach dem letztjährigen Sommer war Andreas Wank als Favorit in den Winter gestartet, doch ganz rund lief es für den 25-Jährigen nicht. Bei skispringen.com blickt er zurück auf die vergangene und voraus auf die kommende Saison.

Beim Sommer-Grand-Prix 2012 triumphierte Andreas Wank gleich drei Mal – am Ende stand er in der Gesamtwertung an erster Stelle und galt somit als Favorit für den anstehenden Winter. In der WM-Saison konnte er 25-Jährige, der sich derzeit mit dem Hausbau in seiner Wahl-Heimat Schwarzwald beschäftigt, dann aber nicht ganz mithalten: Am Ende stand ein Podestplatz und ein 28. Gesamtrang zu Buche.

Im exklusiven skispringen.com-Interview mit Redakteurin Sandra Arm spricht Wank über den enttäuschenden Verlauf der vergangenen Saison, die positiven Aspekte der letzten Monate, die aktuelle Vorbereitungsphase, den Hausbau im Schwarzwald sowie die kommende Olympia-Saison.

Andreas, die Saison 2012/2013 ist inzwischen seit einigen Wochen beendet. Wie hast du die zurückliegende Zeit verbracht?

Andreas Wank: Ich habe ein paar Tage Urlaub genossen, zwischendurch immer wieder trainiert und mich weiter fortgebildet. Ich studiere noch, absolviere derzeit ein Praktikum bei Viessmann im Bereich International Marketing.

Was sind dort deine Aufgaben?

Wank: Ich habe dort die Möglichkeit in den unterschiedlichsten Bereichen des internationalen Marketings reinzuschnuppern. Im kommenden Jahr werde ich nochmal ein Praktikum bei Viessmann machen und das mit meiner Bachelorarbeit verbinden.

Wie viele Tage hattest du wirklich Zeit, um zu regenerieren und mal nicht an das Skispringen zu denken?

Wank: Das waren etwa vier Tage nach der Saison. Ich bin anschließend für zwei Wochen in den Urlaub geflogen, habe dort aber alle zwei Tage trainiert. Das war trotzdem etwas anderes – ein anderes Umfeld und es war für mich daher auch nicht so anstrengend. Die Tage waren für mich sehr erholsam, vor allem nach der langen Saison.

Neben dem Skispringen planst du auch schon deine Karriere nach dem Sport, du studierst Internationales Management. Wie weit bist du in dem Studium fortgeschritten?

Wank: 2008 habe ich angefangen mit dem Studium. Mir fehlen nur noch wenige Kurse. Das Ziel ist, dass ich im Laufe des nächsten Sommers – also 2014 – fertig werde. Es ist ein Fernstudium mit einem breiten Angebot an Kursen. Als Leistungssportler muss man schauen, an welchen Kursen man teilnehmen kann und wie es zeitlich passt. Ich organisiere es so, dass ich hauptsächlich im Sommer studiere und im Winter ein Urlaubssemster beantrage. Dann bin ich etwa zehn Tage am Studienstandort, um die Pflichtpräsenz zu erfüllen und an den Kursen teilzunehmen. Den Rest kann ich zu Hause erfüllen.

In welche Richtung könnte es für dich nach deinem Abschluss mal gehen?

Wank: Ein paar Gedanken habe ich mir schon gemacht. Zumal mir das Praktikum ebenfalls eine gute Möglichkeit dazu bietet, die unterschiedlichen Bereiche des Unternehmens kennenzulernen. In könnte mir gut vorstellen, in die Richtungen Marketing, Sportmanagement oder Design bzw. Produktdesign zu gehen.

Produktdesign – bist du so kreativ?

Wank: Ja, ich zeichne sehr gern, wenn ich es zeitlich einrichten kann. Derzeit ist es ein bisschen schwierig, aber gerade wenn wir unterwegs sind, dann arbeite ich viel mit Photoshop. Das geht dann eher in die Richtung digitale Bildbearbeitung. Ich bin auch grafisch ein bisschen aktiv, baue beispielsweise ein Haus am Computer.

Du widmest dich ja nicht nur am Computer dem Hausbau, sondern sozusagen auch in der Realität. Ursprünglich kommst du aus Sachsen-Anhalt, du springst für den WSV Oberhof. Wieso hast du dich nun dauerhaft für den Schwarzwald entschieden?

Wank: Ich habe mich entschlossen, dort sesshaft zu werden, weil mir die Gegend sehr gut gefällt. Ich bin jetzt einmal quer durch Deutschland gereist, ich fühle mich im Schwarzwald einfach wohl. Ich habe dort alles, mit Freiburg ist eine größere Stadt ebenfalls in der Nähe. Man ist verkehrsmäßig gut angebunden, ist also schnell in der Schweiz oder auch in Frankreich.

Wie lautet denn der aktuelle Stand in Sachen Hausbau?

Wank: Wir sind fertig mit der Planung. Jetzt warte ich eigentlich nur noch darauf, dass wir mit der Umsetzung beginnen können. Voraussichtlich Ende Mai soll es losgehen. Wir haben uns für ein Fertighaus entschieden und bauen in Titisee. Dabei werden wir auch selbst Hand anlegen, speziell was den Innenausbau betrifft. Wir übernehmen das Verputzen, werden die Türen einsetzen und Böden verlegen. Mehr wird leider nicht möglich sein. Das ist mir auch in Hinblick auf den Sport wichtig, der darf nicht hinten runterfallen.

Noch startest du für den WSV Oberhof. Bleibst du den Thüringern trotz deines Heimatwechsels weiterhin treu?

Wank: Das ist eine schwierige Frage. Ich weiß zwar schon, was ich mache, aber ich halte es mir noch offen, wann ich diesen Schritt gehe. Mein Lebensmittelpunkt liegt nun im Schwarzwald. Ich bin Oberhof aber sehr dankbar und freue mich immer, wenn ich wieder dort sein kann.

Schauen wir zurück auf die abgelaufene Saison. Wie hast du sie erlebt bzw. wie bewertest du diese?

Wank: Speziell nach dem Sommer mit dem Gewinn des Sommer-Grand-Prix‘ hatte ich mir persönlich auch einige Ziele gesetzt. Ich bin dann gut ins Training gestartet, aber habe bereits im ersten Wettkampf einen schlechten Sprung erwischt. Das war sozusagen der erste Schlag auf den Hinterkopf. Es folgte die Disqualifikation in Lillehammer, das war der zweite Schlag. Ich habe schon gemerkt, wie mich das innerlich beschäftigt. Für mich war es in den nachfolgenden Wettbewerben schwierig, den schlechten Start auszublenden. Ich hatte dann auch viel Pech mit dem Wind bis einschließlich der Tournee. Zum Ende der Saison habe ich mich halbwegs rehabilitieren können und es standen ein paar gute Ergebnisse zu Buche.

Und du bist nicht mit leeren Händen nach Hause zurückgekehrt: Im Gepäck hattest du zwei Podestplätze (einer mit der Mannschaft) und eine Medaille mit der Mannschaft bei der WM in Val di Fiemme.

Wank: Die Weltmeisterschaft war für mich das Highlight. Noch dazu die Medaille, die für mich sehr wichtig war. Daraufhin habe ich hingearbeitet. Dennoch ist die Saison nicht so verlaufen, wie ich sie mir gewünscht habe.

Wie hast du dich nach dem verpatzten Auftakt wieder motivieren können?

Wank: In erster Linie hilft einem in dieser Situation der Trainer, der sagt, dass ich alles ausblenden solle, was das Material betrifft. Dann bekommt man wieder ein Bewusstsein für die wichtigen Dinge im Skispringen. Dadurch kam die Freude zurück und pünktlich zur Weltmeisterschaft war ich dann auch wieder in der richtigen Verfassung.

Welche positiven Aspekte nimmst du mit auch im Hinblick auf die kommende Olympia-Saison mit?

Wank: Dass ich im vergangene Winter im athletischen Bereich sehr gut unterwegs war. Ich war sehr konstant auf hohem Niveau. Das war trainingstechnisch sehr gut. Alles andere war für mich wichtig, um zu lernen. Der Winter hat wieder einige Dinge offengelegt, auf die ich jetzt im Sommer und Winter mehr achten muss. Das betrifft vor allem den mentalen und technischen Bereich.

Mannschaftlich habt ihr in der vergangenen Saison dennoch einen großen Sprung nach vorn gemacht. Die Entwicklung verläuft positiv. Wo hat die Mannschaft noch Reserven?

Wank: Insbesondere bei den Einzelresultaten. Speziell zur Weltmeisterschaft haben wir schon gedacht, dass vielleicht eine Einzelmedaille drin ist. Das war nicht der Fall, da sehen wir noch Potenzial. Wenn man die gesamte Saison betrachtet, sind wir geschlossen aufgetreten, haben super Leistungen gebracht wie beispielsweise in Sotschi, als fünf Springer unter die besten Elf platziert waren. Durch diese Leistungen ist unsere positive Entwicklung erkennbar. Wir sind aber noch nicht am Ende dieser Entwicklung angelangt.

Der Countdown für die Olympischen Spiele in Sotschi läuft. Wie sehr sind die Spiele bei dir schon präsent?

Wank: Sie sind insofern präsent, als sie für zusätzliche Motivation sorgen. Ich habe das Ziel nach Sotschi zu fahren. Allein aus dem Grund bin ich beim Training nochmal motivierter, gebe mehr Gas – das sind dann nicht 100 sondern 110 Prozent. Die Spiele sind in meinem Kopf, aber es ist nicht so, dass ich jetzt nur daran denke.

Bei der Generalprobe im Dezember standen bei dir die Plätze zehn und elf zu Buche. Was ist das Besondere an der Olympiaschanze?

Wank: Es ist eine sehr moderne Anlage. Die Schanze gefällt mir sehr gut, sie ist sehr harmonisch. Von der Flugkurve geht sie verhältnismäßig hoch, aber das kommt mir sehr entgegen. Die Generalprobe war auch einer der fairsten Wettkämpfe von den Bedingungen. Auf dieser Schanze muss man technisch sehr gute Sprünge zeigen. Aber eigentlich ist es so wie überall auch: Am Ende gewinnt der Beste.

Schauen wir voraus. Du hast bereits erklärt, dass du wieder trainierst. In welcher Phase des Trainings befindet ihr euch und was sind die Schwerpunkte?

Wank: Wir sind sozusagen im Kraftaufbau, stemmen Gewichte, machen Sprünge mit Gewichten oder arbeiten im Bereich Kraft-Ausdauer. Wir legen die Basis für das richtig intensive Schnelligkeitstraining im Herbst, gehen dabei auch über die Grenzen hinaus.

Wann startet das Sprungtraining?

Wank: Wir beginnen am 17. Mai. Es geht dann so langsam wieder los, ganz gemütlich mit technikbasiertem Training. Insgesamt gehen wir die Vorbereitungen aber ähnlich an wie in den vergangenen Jahren. Wir verändern nur einige Kleinigkeiten im Ablauf.

Veränderungen gibt es auch hinsichtlich des Auftakts in den Weltcup. Ihr startet nicht in Lillehammer oder Kuusamo, sondern in Klingenthal. Was hältst du persönlich davon?

Wank: Ich finde die Entscheidung prima. Da sind wir nicht so weit weg, zumal wir die Schanze gut kennen. Ich habe tue mich oft mal schwer mit dem Einstieg in den Winter, mich an den Schnee zu gewöhnen. Da kommt mir die Schanze in Klingenthal mit ihrer Eisspur entgegen .

Könnte der neue Auftaktort der deutschen Mannschaft generell entgegenkommen?

Wank: Ja, das könnte er. Weil wir die Schanze eben gut kennen, im Sommer dort trainieren. Da ist für jeden der Einstieg auch ein bisschen einfacher, als wenn wir gleich nach Kuusamo fahren. Da springen wir nur einmal im Jahr.. Klingenthal ist schon ein bisschen was anderes, auch was den Zuschauerzuspruch angeht. In Deutschland und Österreich haben wir die glückliche Situation, dass die Fans zahlreich an die Schanzen strömen. Das ist für uns natürlich auch umso schöner.

Für den Sommer-Grand-Prix werden auch wieder einige Änderungen ausprobiert. Statt fünf gibt es in Hinterzarten und Klingenthal nur noch drei Sprungrichter. Der rote Knopf bleibt. Stattdessen muss der Athlet ein individuelles Limit überspringen, um Punkte für die Verkürzung zu bekommen. Wie siehst du die Änderungen?

Wank: Es nicht ganz leicht, den Durchblick zu behalten. Ich finde es persönlich gut, dass man die Benutzung des roten Knopfes reglementieren möchte. Ganz einfach, weil sich der rote Knopf zu einer strategisch/taktischen Spielwiese entwickelt hat. Das mag ich ehrlich gesagt nicht. Der Sport sollte im Vordergrund stehen und nicht die Taktik entscheidend sein.

Und die Reduzierung der Kampfrichter?

Wank: Hinsichtlich dieser Veränderung bin ich gespannt, wie sie sich in der Praxis bewährt. Eigentlich denke ich, dass man die Wertungen der Sprungrichter abschwächen müsste, weil sie oftmals auch über Sieg und Niederlage entscheiden. Sie können auch ab und zu mal daneben liegen. Wenn es nur noch drei Kampfrichter gibt, dann ist die Gewichtung des Einzelnen nochmal größer.

Habt Ihr die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen auf die Entscheidungen hinsichtlich der Veränderungen?

Wank: Das ist schwierig. Wir haben einen Athletenvertreter, an den wir uns wenden können, wenn wir Wünsche oder Anregungen haben. Im Prinzip erreichen uns Änderungen aber immer erst, wenn sie schon beschlossen wurden. Es wird dann ausprobiert und beobachtet, ob die Änderungen vorteilhaft sind.

Sollte das Skispringen für den Zuschauer vereinfacht werden?

Wank: Ja, durch einfache Dinge, wie es sie beispielsweise bei der Vierschanzentournee gibt, lässt sich die Transparenz verbessern. In Oberstdorf ist am Aufsprunghang eine Anzeige montiert, wo die Mindestweite für die Führung angezeigt wird. Das sollte man an jeder Schanze installieren. Das würde es für die Zuschauer im Stadion deutlich einfacher machen.

Andreas, vielen Dank für das Gespräch. Für die kommende Saison wünschen wir viel Erfolg!

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