In seinem Buch schreibt Alexander Pointner über seine Entlassung als österreichischer Cheftrainer, ausbleibende Wertschätzung und darüber, wie sich Neid und Missgunst entwickelt haben. skispringen.com veröffentlicht exklusiv Auszüge.
In seinem neuen Buch „Mut zur Klarheit“ schreibt Alexander Pointner über das Ende seiner Tätigkeit für den Österreichischen Skiverband (ÖSV). Der langjährige Erfolgstrainer der österreichischen Skispringer erklärt außerdem, wie präsent Eifersucht, Neid und Missgunst in seiner Zeit als österreichischer Cheftrainer waren – und wie fehlende Loyalität letztlich zu seiner Entlassung führte.
skispringen.com veröffentlicht exklusiv einen Auszug aus „Mut zur Klarheit“ von Alexander Poitner:
Das Thema Wertschätzung ist im Spitzensport ein sehr schwieriges. Wenn ein Sportler in einer beliebten Sportart gewinnt, dann ist ihm die Aufmerksamkeit der Medien sicher. Gewinnt ein Athlet öfter, wird er gern in den Himmel gelobt. Dabei holt man vielleicht noch seinen Trainer und/oder seine Eltern vor den Vorhang, viele, die sich ebenfalls für diesen Erfolg verantwortlich fühlen (dürfen), bleiben aber abseits des Rampenlichts.
Wie lässt man also am besten jenen Menschen Wertschätzung zukommen, die mit ihrer Rolle im Hintergrund hadern (obwohl sie es selbst niemals zugeben würden)? Wenn ich bei einem Interview einen Teil des Betreuerstabes besonders hervorgehoben hatte, fühlten sich gleichzeitig andere zurückgesetzt. Genau so war es, wenn ich einem Sportler zu einem Sieg gratulierte. Dann hieß es: »Der stellt sich nur zu den Siegern!« Ging ich zuerst zu den anderen, dann hörte ich wiederum: »Nur deshalb, weil der jetzt nicht gewonnen hat.« Meistens fühlten sich dann nicht nur die Athleten, sondern auch die Leute in deren persönlichem Umfeld gering geschätzt.
Ein schwieriges Unterfangen, das mir eine gewisse Zeit lang sehr gut geglückt ist, nämlich in der Aufbauphase der Superadler. Damals herrschte so etwas wie Aufbruchstimmung, der Teamgedanke riss alle mit, jeder fühlte sich wertvoll in diesem Gefüge, das so viel erreichen wollte. Es war ein Vorteil, dass sich Druck und Erwartungshaltung auf mehrere Athleten verteilte, denn auch wenn einer einmal schlechter sprang, irgendeiner der Superadler landete immer ganz vorne.
Doch irgendwann, wenn der Erfolg so durchschlagend ist, beginnt der Einzelne zu überlegen, wie er für sich noch mehr herausholen kann. Zudem konnte das Projekt Superadler nicht mehr weiter wachsen, denn der schärfste Gegner saß im eigenen Team. Wertschätzung wurde plötzlich bewusst manipulierend eingesetzt: Indem ein Sportler einen Teilbereich, wie beispielsweise das Skiservice, besonders hervorhob, hoffte er, die darin Tätigen für sich einzunehmen, damit sich diese für ihn ganz speziell bemühten. Eifersüchteleien, Neid und Missgunst gediehen prächtig, zumal sich auch die jüngeren Athleten durch die Kompaktheit der Superadler ihrer Chancen beraubt sahen.
Ich konnte dem irgendwann nichts mehr entgegensetzen. Von der Verbandsspitze war nichts zu erwarten, denn dort lebte man dieselbe Konfliktkultur vor, wie ich sie heute an mir kritisch reflektiere: Mit Konflikten wurde nicht offen umgegangen. Der ÖSV-Präsident sah sich als allerletzte Instanz, der Sportliche Leiter prüfte hintenherum die allgemeine Stimmung. Es wurde nie mit einem persönlich gesprochen, sondern nur mit anderen über einen. Schlussendlich entstand immer mehr Unzufriedenheit im Team, und die Loyalität dem Cheftrainer gegenüber ging komplett verloren. Der Rest ist Geschichte: Mein Vertrag wurde nicht mehr verlängert.
Heute blicke ich relativ neutral auf diesen Moment zurück, obwohl mir seitens des ÖSV sogar zum Abschied die Wertschätzung verwehrt blieb: Sportler, die ihre aktive Laufbahn beenden, sowie langjährig tätige Funktionäre und Trainer werden normalerweise bei der größten alljährlich stattfindenden ÖSV-Veranstaltung, der Länderkonferenz, entsprechend würdevoll verabschiedet. Keine große Sache, ich weiß, doch nachdem ich fast mein ganzes bisheriges Leben dem ÖSV angehörte (vom aktiven Schülerspringer bis zum Weltcupathleten, dann fünf Jahre Gruppentrainer und schließlich zehn Jahre Cheftrainer), wäre dies zumindest eine kleine Geste der persönlichen Anerkennung gewesen.
Alexander Pointner, Angela Pointner, „Mut zur Klarheit“. Erschienen im Seifert Verlag, 2017.
und wo ist das österreichische Skispringen jetzt? Eine Fehlbesetzung des Cheftrainerpostens, katastrophale Ergebnisse in der abgelaufenen Saison…die Verunsicherung im Team war spürbar (Selbst ein Stefan Kraft war plötzlich weg vom Fenster). Und dann die unwürdige Entlassung von Trainer Pointner…..
Ich habe das erste Buch von Alexander Pointner „Mut zum Absprung“ gelesen und war echt schockiert, dass in der Phase der größten Erfolge von Morgenstern und Schlierenzauer auch der größte Zoff im Team herrschte.
Es ist wohl ein besonderes Östereichisches Problem-denke ich.
Alex Pointner ist wohl unerreichbar was seine tollen Erfolge betrifft, auch trotz der überaus großen persönlichen Rückschläge. Ich habe wirklich Hochachtung vor ihm und werde mir diese Buch sicher auch kaufen.
Siehe Jan Ziobro 🙁
Ziobro hat sich selbst seine Zukunft verbaut , Beleidigungen von Vorgesetzten werden nirgendwo toleriert.