Bundestrainer Horngacher ratlos

Daniel Tschofenig triumphiert in Willingen – DSV-Skispringer erleben Heim-Debakel

Foto: imago / Vitalii Kliuiev

Mit Bestweite im Finaldurchgang sichert sich Daniel Tschofenig den Sieg in Willingen und baut seinen Vorsprung im Gesamtweltcup weiter aus. Die deutschen Skispringer erleben vor Heimpublikum ein kleines Debakel, der Bundestrainer wirkt ratlos.

Mit SprĂĽngen auf 135,5 und 142Meter sicherte sich Daniel Tschofenig den Sieg im ersten von zwei Einzelspringen des Wochenendes in Willingen. Der Ă–sterreicher erzielte am Samstagabend insgesamt 288,9 Punkte und setzte sich damit gegen den Slowenen Anze Lanisek durch, der auf 142 und 139,5 Meter kam. Den dritten Platz belegte mit Maximilian Ortner (135,5 und 140,5 m; 275,9 P.) ein weiterer Ă–sterreicher.

Nach dem ersten Durchgang sah es noch nach einem Sieg von Lanisek aus: Der Slowene lag nach dem ersten Durchgang 0,6 Punkten Vorsprung vor Tschofenig knapp in FĂĽhrung. Doch im umkämpften Finaldurchgang war am Gesamtweltcup-FĂĽhrenden und Vierschanzentournee-Sieger an Ă–sterreich kein Vorbeikommen – mit 142 Metern setzte Tschofenig die Tagesbestweite in den Schnee der MĂĽhlenkopfschanze.

Nur drei DSV-Skispringer im Finale

Die deutschen Skispringer haben beim ersten Einzel des Wochenendes ein kleines Debakel an der mit 23.500 Zuschauern restlos ausverkauften Mühlenkopfschanze erlebt. Trotz nationaler Gruppe, die zusätzlich zur regulären Weltcup-Mannschaft an den Start gegangen ist, haben nur drei Springer aus der Mannschaft von Bundestrainer Stefan Horngacher überhaupt den Finaldurchgang erreicht.

Bester DSV-Skispringer war ĂĽberraschend Felix Hoffmann, der mit 134,5 und 137 Metern den 15. Platz belegt hat. FĂĽr den ThĂĽringer ist das das beste Saisonergebnis und das zweitbeste seiner Karriere – nur in Lake Placid (USA) war der 27-Jährige im vergangenen Winter besser.

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Mit Windpech im ersten Durchgang kamen Andreas Wellinger und Pius Paschke nicht über die Plätze 17 und 27 hinaus.

Horngacher ratlos: „Noch mehr verloren als gestern“

„Aktuell ist es schon ein bisschen zäh. Wir haben eigentlich gedacht, dass wir hier wieder etwas näher herankommen, haben heute aber noch mehr verloren als gestern. Unser Ziel wäre es gewesen, den Abstand zumindest zu verkĂĽrzen, aber das ist uns absolut nicht gelungen“, wirkte Bundestrainer Stefan Horngacher danach ein StĂĽck weit ratlos: „Wir mĂĽssen eine Analyse machen, uns fĂĽr morgen gut aufstellen und einen neuen Plan machen.“

Alle anderen deutschen Skispringer sind ohne Weltcuppunkte geblieben: Während Philipp Raimund (34.), Stephan Leyhe (38.), Constantin Schmid (42.), Karl Geiger (44.) und Markus Eisenbichler (48.) nach dem ersten Durchgang ausgeschieden sind, ist Luca Roth (54.) schon an der im Vorfeld durchgeführten Qualifikation gescheitert. Adrian Tittel wurde wegen eines irregulären Sprunganzugs disqualifiziert.

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Am Sonntag startet um 14:30 Uhr zunächst die Qualifikation, bevor zum Abschluss des langen Wochenendes in Willingen um 16:10 Uhr (alles live bei skispringen.com) das zweite Einzelspringen auf dem Programm steht.

Mehr dazu gleich hier bei skispringen.com.

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Über Marco Ries 912 Artikel
Inhaber und Chefredakteur von skispringen.com. Hat sich nach der Jahrtausendwende am Skisprungfieber anstecken lassen und 2009 dieses Angebot gegründet. Studiert an der Universität Heidelberg und arbeitet nicht nur im Winter als freier Journalist und Autor (u.a. das Buch „Unnützes Skisprungwissen“).

28 Kommentare

  1. Jetzt zeigt sich, dass nur der Blick auf die Technik keine Topspringer hervorbringt. Gerade bei einer so sensiblen Sportart wie Skispringen ist eine motivierende Trainingsarbeit extrem wichtig. Wer wie Horngacher zum Lachen in den Keller geht, ist sicher kein persönlicher Ankerpunkt für die Springer. Jede gute Führungskraft weiß, dass ein gutes Team nicht durch Fachkompetenz der Leitung entsteht. Das lernt man bei den einfachsten Seminaren.

  2. Betruuuug, die Slowenen mit ihren AnzĂĽgen sind schuld!!! Au je, die haben gar nicht gewonnen…dann halt die Ă–sterreicher oder Norweger…aber wir Deutsche zeigen immer gern auf andere wenn die Leistung nicht passt!!Gas geben, nicht jammern und dann wird das wieder…..

  3. Ich glaube den Springern ist ein Maulkorb auferlegt, denn es ist deutlich an der Mimik zu erkennen, dass etwas im Team nicht stimmt. Vielleicht hilft eine anonyme Analyse durch die Athleten selbst Probleme zu erkennen und anzugehen. Wohlgemerkt „vielleicht“.

  4. Ich war gestern wieder live vor Ort. Ein größeres Debakel gibt es überhaupt nicht. Alle anderen Länder entwickeln sich,nur bei unsere Mannschaft ist seit Jahren ,nichts mehr passiert . Die Entwicklung ist stehen geblieben. Meiner Meinung nach ,muss ein Trainer Wechsel stattfinden.

  5. Blinder Aktionismus in Bezug auf einen (Chef-)Trainerwechsel hilft sicher nicht, jedenfalls nicht in einer Einzelsportart. Im FuĂźball kann ein neuer Trainer aus einem groĂźem Kader die Startelf kurzfristig umkrempeln und die Taktik ändern sowie während des Spiels durch Wechsel eingreifen. Im Skispringen mĂĽssen die Athleten ihre sieben Sachen schon selbst hinbekommen. Und Wechsel zwischen A- und B-Kader helfen auch nicht, siehe Leyhe und Eisenbichler sowie die aktuellen Ergebnisse im COC von heute aus Lillehammer. Die „Besten“ waren Hamann als 24. und Bayer als 25.
    Das Trainerteam (Horngacher ist umgeben von einer Reihe von Assistenten, Analysten, Trainingswissenschaftler) hat die Methodik ja nicht bewusst zum Schlechten verändert und insb. die erfahrenen Athleten haben auch einen Mund um sich intern dahingehend zu äußern, wenn sie der Meinung sind, dass die z. B. die individuelle Belastungsdosierung insb. zwischen den Wettbewerben inkohärent ist.

    Eine Generalanalyse inkl. Athletenmeinung und Entscheidungsfindung über Trainer/Betreuer etc. sollte unter Leitung von Horst Hüttel NACH der Saison stattfinden. Zunächst sollten die Springer selbst mal schauen, wie sie ihr Potenzial wieder besser abrufen.
    P. S. Bis dato sind die Eisenbichler-Dauerfans doch auffällig zurĂĽckhaltend heute. Ich habe hier mehrfach betont, dass jemand, der im COC schlechte Ergebnisse liefert, sicher nicht wie Kalle aus der Kiste plötzlich DER Heilsbringer im Weltcup ist…

    • Danke an Markus fĂĽr diese wohltuend sachliche und fundierte Analyse! Bitte viel mehr davon an dieser Stelle.

      Die ganzen „Hornbacher muss weg“-Forderer werden doch bei jedem anderen folgenden Trainer bei ausbleibenden Erfolgen wieder „xy muss weg“ fordern. Diese Leute kann man wirklich nicht ernst nehmen.

      Ein langfristiges Hauptproblem ist sicherlich, dass immer wieder Erfolge der älteren Springer verhindert haben, dass diese rechtzeitig Platz für die nächsten Generationen machen. Ich kann es ja irgendwie verstehen. Wer siegt, hat natürlich auch das Verlangen nach mehr. Allerdings hätten sich ehemalige Top-Springer, nicht nur wie Eisenbichler, sondern auch Athleten anderer Länder wie Ammann oder Stoch, einen Gefallen getan, rechtzeitig Platz für den Nachwuchs zu machen. Im COC zu scheitern (Eisenbichler) oder als Vorspringer in Oberstdorf aktiv zu sein, weil man gerade wettkampfmäßg nix zu tun hat (Ammann) zeigt, dass man den Moment für ein würdevolles Karriereende bereits verpasst hat.

      Gerade den drei Mannschaften Deutschland, Schweiz, Polen droht ein böses Erwachen, wenn die alte Garde irgendwann dann doch abtritt und keine jungen Siegspringer da sind, wie es z.B. in Norwegen und Österreich der Fall ist. Und das kann man nicht an dem einen hauptverantwortlichen Trainer festmachen.

  6. Es wird Zeit für neue Impulse! Horngacher sollte seinen Platz räumen. Meilenweit vom Podest entfernt und selbst die Top 10 verfehlt. Düse Springer können mehr, auch wenn sie mit den Österreichern aktuell nicht mithalten können.

  7. Was für ein Debakel! Jedes Wochenende ein tieferer Tiefpunkt. Auch aus der zweiten Reihe bzw. aus dem Nachwuchs drängt sich niemand auf, der künftig vorne mitspringen könnte. Sollte es nicht bald eine Trendwende im Team geben sehe ich ganz dunkle Zeiten für das deutsche Skispringen aufkommen.

    • Paschke wurde vor der Vierschanzentournee in den Himmel gehoben und ist jetzt wieder in der Versenkung verschwunden.Von einem Skispringer der erst mit 34 Jahren angefangen hat kann man nicht auf Dauer Höchstleistungen erwarten.

  8. Hauptsache man hat das grösste Betreuer- und TV- Team dabei. Langsam wird es peinlich… Schöne Nachricht: Noriaki Kasai hat es mit 52,5 Jahren geschafft sich ĂĽber den Conticup fĂĽr den Weltcup in Sapporo zu qualifizieren. Er hat dabei unter anderem Leute wie Eisenbichler hinter sich gelassen. Go on Nori, hope to see you again in Planica!

  9. Hatte letztes Wochenende beim Skifliegen schon so ein ungutes GefĂĽhl. Mit so einem Resultat habe aber selbst ich nicht gerechnet. Horst HĂĽttel kann jetzt immerhin guten Gewissens die Hotels der Herrenmannschaft in Trondheim stornieren. Das gesparte Geld dann bitte den Damen zur VerfĂĽgung stellen.

  10. Horngacher muss sofort weg, uninspiriert und offensichtlich ohne Konzept.
    Jetzt die Reisleine ziehen um die Saison noch etwas zu retten.
    Heinz Kuttin wäre zumindest eine Zwischnlösung.

    • „gewonnen und verloren wird zwischen den Ohren“…das stimmt schon auch, aber dass hier kann man nicht nur damit erklären. Entweder hatten die Anfang der Saison völlig ĂĽberlegendes Material oder alle anderen haben jetzt das bessere. Hannawald sagte, dass bei einigen anderen Nationen plötzlich der Sprungstil wieder funktioniert, der Nach der Regeländerung das eben nicht mehr tat!

  11. Das sind langsam Auflösungserscheinungen. Wenn es wirklich immer gleich läuft, könnte langsam doch ein Trainerwechsel gut. Ich hätte ja gleich zu Saisonbeginn Stöckl geholt…

    • Sicher ist ein Trainerwechsel kein Allheilmittel, zumal mitten in der Saison auch nicht anzuraten. Aber ob sich Horngacher einen Gefallen tut, das Debakel beim Heimspiel mit „ein bisschen zäh“ (sic!) euphemistisch zu verklären, lasse ich andererseits mal dahingestellt. Zumal wenn selbst US-Boy Bickner mittlerweile aus DSV-Sicht nur noch mit dem Fernglas zu erkennen ist.
      Ein bisschen zäh ist vielleicht mein leicht verbranntes Rumpsteak. Das gestern war ein Debakel sondergleichen, ausgenommen Felix Hoffmann. Und dann sollte man auch als Bundestrainer nicht um den heißen Brei herumquatschen und die Herren (vermeintlichen) Leistungsträger in Watte packen.

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